Bharat ist das Mutterland vieler edler Seelen, die in allen Kontinenten der Welt Ruhm und Ehre erlangten. Dies ist das Land tapferer Menschen, welche die Fremdherrschaft überwanden und Unabhängigkeit erreichten. Dies ist das Land,  das sich in Musik, Literatur und anderen Künsten hervortat. Da ihr in diesem großen Land Bharat geboren seid, ist es eure heilige Aufgabe, oh Jungen und Mädchen, sein reiches kulturelles Erbe zu schützen.

 

Die Kinder von Bharat haben das Fest Vinayakacaturthi auf prächtige Weise gefeiert. Es war für alle ein frohes Ereignis.

 

Verkörperungen der Liebe! Liebe Studenten!

Wer ist Vinayaka? Diesen Aspekt muss man als Erstes verstehen. Vinayaka ist der Herr des Universums. Er hat keinen Führer über sich, sondern er selbst ist der Führer aller. Er ist der Herr des Universums. Einen solchen Herrn zu vergessen, ist das Missgeschick des Menschen.

 

Die Nahrung, die der Gott Vinayaka zu sich nimmt, ist heilig und rein. Sie enthält gar kein Öl. Neun Getreidesorten werden in Wasser eingeweicht und dann gemahlen. Danach wird dieser Teig zu Kudumulus geformt und in Dampf gegart. Dies ist die Nahrung, die Vinayaka geopfert wird. Sie wird auch Undrallu genannt. Da sie gedämpft wird und praktisch kein Öl enthält, ist sie äußerst gesund.

 

Vinayaka ist allgegenwärtig. Er teilt sich durch sein Schweigen mit. Selbst seine Anweisungen übermittelt er durch stille Kommunikation. Seine Handlungen sind subtil. Wo man auch hinschaut, findet man ihn, wie er seine Devotees segnet und auf den rechten Pfad führt. Der allgegenwärtige Gott Vinayaka kann von allen verehrt werden, unabhängig von Religion, Nation und Region, denen man vielleicht angehört. Er ist der Herr der Bildung und des guten Verhaltens, und deshalb kann jeder Mensch, der an guter Bildung und gutem Verhalten interessiert ist, ihn anbeten und seinen Segen suchen. Es ist eine falsche Vorstellung, Gott Vinayaka auf das Hindu-Pantheon der Götter in Bharat zu begrenzen. Es ist nicht richtig. Er ist wahrhaft der Herr des Universums und sein Führer. Aus diesem Grund wird er Vinayaka genannt (der, der keinen Führer über sich hat). Die Kontemplation über einen solchen Gott wird all unsere Sünden zerstören. Tatsächlich ist Vinayaka unser wahrer Lebensatem. Es ist reine Unwissenheit, diesen großen Herrn des Universums als eine bloße Statue, hergestellt aus irgendeinem tönernen Material oder Metall, zu verehren.

 

Vinayaka ist euer Führer, der euch auf den rechten Weg leitet. Deshalb müsst ihr das Gefühl und Bewusstsein entwickeln, dass Vinayaka in und bei euch ist und euch unablässig auf dem Weg zu Gott führt. Gestern brachten die Studenten die Statuen von Vinayaka, auf wunderschön geschmückten Wagen in einer Prozession in diese Halle. Später wurden sie zur Versenkung zum Wasser gebracht. Was ist die innere Bedeutung dieses Rituals? Warum werden die Statuen Vinayakas im Wasser versenkt? Die Versenkungszeremonie erinnert uns an Vinayakas allgegenwärtige Natur, denn wenn die Statuen im Fluss versenkt sind, lösen sie sich im Wasser auf und breiten sich überall hin aus. Wenn ihr zum Beispiel Zucker mit Wasser verrührt, vermischt sich der Zucker mit dem Wasser und breitet sich überall hin aus. Entsprechend enthüllt Vinayaka, der bisher in der Form einer Statue verehrt wurde, seine wahre Natur der Allgegenwart, nachdem er ins Wasser eingegangen ist. Vinayaka beschützt seine Kinder ständig. Er ist immer bei ihnen. Tatsächlich sind Kinder das Eigentum Vinayakas. Jeder Mensch sollte seinem Beispiel nacheifern. Die Kinder sollten niemals ihre Eltern vergessen, denn ihr ganzes Leben, ihre Erziehung und Bildung sind das Geschenk ihrer Eltern. Vinayaka verleiht seinen Kindern, die ihn anbeten, Siddhi (Erfolg, Erfüllung) und Buddhi (Unterscheidungsvermögen, höhere Intuition, Intellekt). Wenn der Intellekt (buddhi) eines Menschen ausgeprägt ist, fließt ihm alles zu.

 

Vinayaka hat einen Rüssel, den er zum Atmen, Trinken und Essen benutzt. Wenn man das Wesen Vinayakas auf rechte Weise erforscht, dann wird offensichtlich, dass er allgegenwärtig ist. Er ist der Ursprung. Aus diesem Grund wird Vinayaka angebetet, bevor man irgendeine Arbeit beginnt. Sogar die Nahrung, die man zu sich nimmt, wird zuerst ihm dargebracht. Unter den Bharatiyas ist es Tradition, Vinayaka anzubeten, ehe man auch nur eine kleine Arbeit beginnt. Ihr habt vielleicht gemerkt, dass die Musiker zu Beginn ihres Konzertes ein Gebet an Vinayaka singen. Auch unsere Studenten beginnen ihre Bhajans mit einem Gebet an Vinayaka. Tatsächlich ist Vinayaka der Führer eures Lebens, der euch führt und durch euer Leben geleitet. Es genügt nicht, ihn nur an einem Festtag wie Vinayakachaviti zu verehren. So etwas wie ein besonderer Tag zur Verehrung des Herrn, wie Chaviti (der vierte Tag nach Neumond), Ashtami (der achte Tag), Navami (der neunte Tag) existiert nicht. Denkt immer, jederzeit, unter allen Umständen an Gott – so lautet die Anweisung. Da es den Menschen vielleicht nicht möglich ist, an allen Tagen Vinayaka ausgiebig anzubeten, sind drei, fünf oder zehn Tage, je nach Umständen, vorgesehen.

 

Die Vinayaka angebotene Nahrung ist gesund, einfach und leicht zu kochen. Vinayaka wird mit einem großen Bauch dargestellt. Obwohl ihm eine Vielfalt an Speisen angeboten wird, nimmt er nichts davon. Die Hingabe der Menschen ist seine Nahrung. Das Wesen des Göttlichen ist es, immer zu geben, aber keinerlei Gegenleistung von seinen Devotees anzunehmen. Vinayaka ist der Ursprung und Erhalter aller Lebensformen. Er kontrolliert das Leben und Schicksal aller Wesen. Tatsächlich wird das gesamte Universum von Vinayaka erhalten. Läge die Kontrolle nicht in den Händen Vinayakas, gäbe es nur Zerstörung (vinâshana).

 

Es ist eine Tatsache, dass die Menschen ohne Luft nicht leben können. Sie ist das Lebensprinzip nicht nur der Menschen, sondern aller Lebewesen. Vinayaka durchdringt dieses Lebensprinzip. Er ist die Verkörperung unseres Atems. Er ist wahrhaft das So ’ham-Prinzip. Der Vorgang des Atmens besteht aus drei Teilen: Einatmen (pûraka), Halten des Atems (kumbhaka) und Ausatmen (recaka). Das Regulieren dieser drei Vorgänge wird Pranayama genannt. Das Einatmen, Halten und Ausatmen der Luft muss so geregelt werden, dass jeder Vorgang die gleiche Zeit in Anspruch nimmt und die gesamte Übung auf natürliche Weise, ohne irgendeine Anstrengung, vollzogen wird. Nur dann ist Meditation möglich. Vinayaka ist die über Pranayama herrschende Gottheit. Er verleiht den Menschen Bildung (vidyâ) und Erfolg (siddhi, auch: Erfüllung, Vollendung, Befreiung). Aus diesem Grund wird er als Siddhi Vinayaka gepriesen. Diese beiden sind für den Menschen von höchster Bedeutung. Da es niemanden gibt, der dieses Geheimnis erläutert, feiern die Menschen das Vinayakacaturthi-Fest auf oberflächliche Weise, ohne seine tiefere Bedeutung zu erkennen.

 

Es ist in Bharat üblich, dass Elefanten die zeremoniellen Prozessionen in jedem Tempel anführen. Wir sollten die Bedeutung davon erkennen. Von allen wilden Tieren ist der Elefant das größte. Sobald ein Elefant einen bestimmten Pfad entlang geht, werden die Fußstapfen aller anderen wilden Tiere, inklusive die eines Löwen oder Tigers, durch jene des Elefanten ausgelöscht. Der durch einen Elefanten sogar in einem dichten Wald geschlagene Pfad konnte in früheren Zeiten durch Fahrzeuge wie Streitwagen oder in modernen Zeiten wie Auto oder Bus genutzt werden. Aus diesem Grund wurde im Tretayuga die Hochzeitsprozession von Rama durch eine Elefantentruppe angeführt. Die Szene dieser zeremoniellen Prozession wurde wunderschön beschrieben:

Geführt von Streitwagen, Elefanten und Pferden, gefolgt von Dasharathas gesamter Armee, dem älteren Weisen Vishwamitra, begleitet auch von Kaiser Dasharatha und seinen Ministern, bewegte sich Ramas Hochzeitsprozession vorwärts. Welch wunderbarer Anblick!

 

Der Elefant ist ein so majestätisches Tier, dass sein Trompeten den Lärm aller anderen Tiere, inklusive dem Hund, zum Schweigen bringen kann. Der Ruf eines Elefanten ist sehr majestätisch und kraftvoll. Vinayaka hat das Gesicht eines solch majestätischen und heiligen Tieres. Leider erkennt der Mensch nicht die Größe und Bedeutung seiner Form, und verehrt sein Idol in oberflächlicher, routinemäßiger Weise. Nicht nur Vinayaka, sondern alle dem Göttlichen zugeschriebenen physischen Formen, vermitteln eine tiefere spirituelle Bedeutung. Allerdings ist Gott nicht auf eine bloße physische Form beschränkt. Das Göttliche kennt weder Geburt noch Tod, denn es transzendiert die physische Gestalt. Wer zum Beispiel ist Brahman? Es ist nicht die vierköpfige göttliche Gestalt, die üblicherweise mit dem Schöpfungsakt verbunden wird. Brahman ist das transzendentale Prinzip, das Name, Form und Attribute überschreitet. Der Urklang Aum ist namenlos und formlos, ebenso wie der Vorgang des Einatmens und Ausatmens, der So ’ham genannt wird. Brahman hat weder Geburt und Tod noch Anfang und Ende. Er ist das ewige, transzendentale Prinzip, welches das gesamte Universum durchdringt.

Weder Geburt noch Tod für Ihn, den ewigen Einen. Weder Anfang noch Mitte noch Ende für Ihn, den Ur-Einen. Weder wird Er geboren, noch stirbt Er, noch wird Er getötet. Der allgegenwärtige Atman ist überall, als der Zeuge von allem.

 

Ihr solltet dieses Göttliche niemals vergessen. Das eine göttliche Prinzip ist in jedem Menschen, nein, sogar in jedem Lebewesen, gegenwärtig. Tatsächlich ist das Göttliche als das Prinzip der Einheit in der Vielfalt zu verstehen. Einheit ist Brahman.

 

Liebe Studenten,

es ist reine Illusion, das Göttliche auf eine Gestalt wie Rama, Krishna, Vinayaka usw. zu beschränken. Wenn ihr richtig nachforscht, wird offensichtlich, dass die physischen Formen des Göttlichen eine Schöpfung des Menschen sind. Sie werden aus der eigenen Einbildung geboren. Es ist niemandem jemals gelungen, das namenlose, formlose und eigenschaftslose Göttliche zu schauen.

 

Zum Beispiel gab der Künstler Ravi Varma dem Göttlichen in seinen Werken verschiedene Gestalten, basierend auf seiner Vorstellung und den in den Epen und spirituellen Texten enthaltenen Beschreibungen. Aber niemand konnte jemals Gott in physischer Gestalt schauen. Dennoch hat die physische Form eine tiefere Bedeutung, denn die physische Form kann nicht ohne eine Bedeutung existieren. Man sollte die physische Form niemals vergessen, denn nur aus der physischen Form verbreitet sich Moral. Die physische Form erhält und verbreitet, durch ihr eigenes persönliches Vorbild, Moral in der Welt. Dadurch gewinnt Moral Kraft in der Welt.

 

Es machte mich sehr glücklich, die Begeisterung der Studenten beim Feiern der Vinayaka-Nimajjanam-Zeremonie zu sehen. Ich bin glücklich, dass die Studenten in der Lage waren, das Vinayaka-Prinzip wenigstens in gewissem Ausmaß zu begreifen. Niemand kann das wahre Wesen des Göttlichen verstehen, ohne den Geist hinter den verschiedenen spirituellen Aktivitäten zu erfassen. Man muss verstehen, wer Vinayaka ist, im wahren Sinn. Wenn ihr erkennt, dass er der allgegenwärtige Führer ist, dann könnt ihr seine göttliche Natur erfassen. Ihr müsst die verschiedenen Feste im rechten Verständnis ihrer spirituellen Bedeutung feiern.

 

Übersetzung der vom Sri Sathya Sai Sadhana Trust, Publications Division, herausgegebenen, gedruckten englischen Fassung der Ansprache. S. B., Prashanti Nilayam.

© by Sathya Sai Vereinigung Deutschland, e.V.

 

Das Fest Vinayakacaturthi oder Ganeshcaturthi, zu Ehren des elefantenköpfigen Gottes Ganesha, wurde am 23. August gefeiert. Vom Beginn dieses Festtages an werden die Statuen 3, 5 oder 10 Tage lang angebetet und dann nach feierlicher Prozession im Wasser versenkt. In Prasanthi Nilayam fand diese Prozession bereits am 25.8. statt, und die Studenten und Mitarbeiter brachten ihre Ganeshas in farbenfroher Prozession erst zum Darshanplatz für Swamis Segen und danach in einer Prozession zur nächsten Wasserstelle. Der Phantasie waren dabei keine Grenzen gesetzt…Ganesha im Flugzeug, Ganesha auf der Weltkugel, Ganesha im Sonnenwagen …Am 26.8. hielt Sai Baba dann seine Ansprache. Anm. d. Übers.